In der Grünen-Parteizentrale in Berlin ist zurzeit nicht viel los. Viele Beschäftigte sind im Sommerurlaub, auch die Parteispitze. Doch die Ruhe täuscht. In der Machtzentrale rumort es, einige Mitarbeiter sind derzeit offenbar aufgebracht.
Vor rund drei Wochen gab es in der Bundesgeschäftsstelle der Partei eine außerordentliche Mitarbeiterversammlung. Wie das »Handelsblatt« berichtet, wurde es in der Runde laut.
Demnach wurden am 23. Juli die Mitarbeiter während einer Sitzung darüber informiert, dass zahlreiche befristete Verträge nicht verlängert würden. Die Co-Parteivorsitzende Franziska Brantner war dazu aus ihrer Sommertour in Baden-Württemberg zugeschaltet, der Co-Vorsitzende Felix Banaszak und die Bundesschatzmeisterin Manuela Rottmann erschienen vor Ort in Berlin. Die Stimmung war offenbar mies. Schatzmeisterin Rottmann wird vom »Handelsblatt« mit den Worten zitiert: »Das ist ein Fuck-up-Scheißtag.«
Der Grund für den Sparkurs: Vor der Europawahl im Frühjahr 2024 hatten die Grünen zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, mit befristeten Verträgen bis Ende 2025. Schließlich war für September dieses Jahres die reguläre Bundestagswahl angesetzt, und gerade in Wahlkampfphasen benötigen Parteien viel Personal. Doch die Pläne der Grünen wurden von der Ampelkoalition zunichtegemacht; die Regierung brach im November 2024, die Wahl wurde auf den Februar dieses Jahres vorgezogen.
Weniger Prozentpunkte, weniger Geld
Die Grünen kamen auf 11,6 Prozent, ein für sie enttäuschendes Ergebnis. Sie mussten in die Opposition, sind seither auf nicht mehr so viele Mitarbeiter angewiesen wie zuvor, als sie noch Regierungspartei waren.
Was die Lage der Partei außerdem erschwert: Ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl 2025 lag klar unter dem von 2021, damals waren sie noch auf 14,8 Prozent gekommen. Weniger Prozentpunkte bedeuten weniger Geld: Die Grünen erhalten nun weniger Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung, ihr finanzieller Spielraum ist kleiner geworden.
Laut »Handelsblatt« sollen ab 2026 rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Parteizentrale arbeiten. Auch nach dem Wegfall befristeter Stellen wäre der Personalbestand immer noch höher als etwa im Jahr 2023. Zurzeit sollen rund 150 Beschäftigte in der Zentrale tätig sein, zu Spitzenzeiten des Wahlkampfes waren es rund 190.
Ein Wahlkampf zur Bundestagswahl erfordere »erhebliche personelle Kapazitäten, das trifft erst recht auf eine vorgezogene Neuwahl zu«, sagte eine Parteisprecherin am Donnerstag auf Anfrage des SPIEGEL. Es sei »üblich«, nach der Wahl eine »auf das Ergebnis abgestimmte Aufstellung der Organisation« vorzunehmen. Einzelne Aufgaben entfielen oder träten hinzu, »sodass die Veränderungen auch das Personal der Bundesgeschäftsstelle betreffen«.
Während des Bundestagswahlkampfs mit dem Spitzenkandidaten Robert Habeck traten viele Menschen bei den Grünen ein; kurz vor der Wahl am 23. Februar vermeldete die Partei einen historischen Höchststand von mehr als 168.000 Mitgliedern. Aber auch der Zuwachs bei den Mitgliedsbeiträgen mindert offenbar nicht den Sparzwang in der Partei. So gehe ein Teil der Mitgliedsbeiträge an die Landesverbände und werde etwa dazu genutzt, finanzarme Landesverbände im Osten Deutschlands zu unterstützen, heißt es aus der Partei.
Über die Finanzplanung für das Jahr 2026 wird sich voraussichtlich Ende September die Bundesschatzmeisterin mit den Landesschatzmeistern beraten, der Parteihaushalt 2026 soll dann auf der Bundesdelegiertenkonferenz, dem Grünen-Bundesparteitag, Ende November in Hannover verabschiedet werden.