Was will Wladimir Putin?

Putins Kalkül

Kann der Gipfel von Alaska die Ukraine dem Frieden näherbringen? Einem gerechten Frieden? Bevor sich Donald Trump und Wladimir Putin am Freitag treffen, werden Positionen abgesteckt, rote Linien gezogen, wird appelliert und gemahnt.

Gestern haben die Europäer um Kanzler Friedrich Merz gemeinsam mit Wolodymyr Selenskyj versucht, den amerikanischen Präsidenten einzunorden, soweit das eben möglich ist. Ihre Botschaft: keine vorschnellen Zugeständnisse, keine Versprechungen ohne die Ukraine, schon gar nicht, wenn es um territoriale Fragen geht. Kurzum: Lass dich nicht vom Kremlherrscher hinter die Fichte führen. Alles diplomatisch verpackt natürlich (lesen Sie hier  die Analyse).

Ob Merz und Co. damit Erfolg haben? Immerhin, Trump vergibt »zehn Punkte« für das Gespräch mit den Europäern und droht Putin mit Konsequenzen, sollte dieser keinen Friedenswillen zeigen. Allerdings: Es ist bekannt, wie schnell der US-Präsident seine Meinung ändert.

Nicht ausgeschlossen, dass sich Trump in Alaska doch wieder von Putin einlullen lässt – besessen davon, unbedingt einen Deal schließen zu wollen. Der russische Machthaber halte Trump für manipulierbar, schreibt unsere Moskau-Korrespondentin Christina Hebel, daher werde er womöglich versuchen, sein Gegenüber mit kleinen Zugeständnissen zu locken. Von seinen Maximalforderungen, seinem Ziel, die ganze Ukraine wieder unter russischen Einfluss zu bringen, werde Putin aber niemals ablassen.

Und Trump soll ihm dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen. »Indem der US-Präsident ihn bei sich in Alaska empfängt und mit ihm verhandelt, bietet er Putin die große weltpolitische Bühne auf Augenhöhe und führt gleichzeitig Europa vor«, schreibt Christina. Der Gipfel sei allein schon deshalb ein Gewinn für Putin.

  • Mehr Hintergründe hier: Putin geht es um mehr als die Ukraine 

Zäher Kampf gegen die Plastikplage

Plastik ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Es steckt in Verpackungen, Baumaterialien, Möbeln, Elektroartikeln, Fahrzeugen, Kleidung. Und es vermüllt unseren Planeten: Auf rund acht Milliarden Tonnen soll sich der Kunststoffmüll weltweit inzwischen summieren, er wird in unsere Ozeane geschwemmt, tötet Tiere, die allgegenwärtigen Mikropartikel gefährden die Gesundheit der Menschen.

Seit 2022 ringen die Vereinten Nationen daher um ein verbindliches Abkommen, das die Plastikflut eindämmen soll. Die Verhandlungsrunde, die heute in Genf zu Ende gehen soll, ist schon die außerplanmäßige Verlängerung. Und ob sich die rund 180 Staaten diesmal einigen können, ist völlig offen.

Die große Mehrheit will die Produktion von Plastik künftig begrenzen. Ölförderländer wie die Golfstaaten, die USA oder Russland aber stehen auf der Bremse, weil sie ihr Geschäftsmodell in Gefahr sehen. Sie wollen nur über mehr Recyclingregeln reden. Damit allein ist der Plastikplage auf dem Planeten aber nicht beizukommen. Symptombekämpfungen wie Recycling seien nett, aber »ähnlich sinnvoll, wie einem Krebskranken zu raten, er solle etwas für sein Immunsystem tun, aber ihm keine Chemotherapie zu verschreiben«, sagt meine Kollegin Susanne Götze aus dem Wissenschaftsressort (lesen Sie hier  ihren Kommentar zur Uno-Konferenz).

Wenn es überhaupt ein Abkommen geben wird, dann wird es wohl den kleinsten gemeinsamen Nenner abbilden. Zu wenig, um die weltweite Plastikkrise zu lösen.

  • Mehr Hintergründe hier: Die Welt kann sich nicht aus der Plastikkrise herausrecyceln 

Genosse Zombie

Die 100-Tage-Schonfrist ist um, die Auftaktbilanz der schwarz-roten Koalition durchwachsen (lesen Sie hier  mehr über die wichtigsten Erfolge und Pleiten). Meist richten sich die Augen bei der Bewertung der Regierungsarbeit auf den Kanzler. Aber wie geht es eigentlich der SPD in der Zwangsgemeinschaft mit Friedrich Merz und der Union?

Nicht besonders gut. In den Umfragen dümpeln die Genossen noch unter dem historisch schlechten 16,4-Prozent-Ergebnis der Bundestagswahl. Abgesehen von Boris Pistorius, dem Dauerliebling der Deutschen, vermag kein SPD-Politiker zu strahlen.

Das gilt auch für Lars Klingbeil und Bärbel Bas. Als Spitzenduo sollen sie – wie schon so einige ihrer Vorgänger – den Niedergang der Sozialdemokratie stoppen. Nur wie sie das anstellen wollen, ist nicht klar, schreiben unsere SPD-Beobachter aus dem Hauptstadtbüro. Es fehle ein Plan, um die Partei in der Koalition wieder aufzurichten. Dass die Vorsitzenden in Personalunion auch Minister sind, macht die Profilierung in der Regierung nicht einfacher.

Und so murren viele Genossen über Zugeständnisse an CDU und CSU, über den erzwungenen Rückzug der Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf, über die Machtansprüche von Vizekanzler Klingbeil. Für einen lautstarken Aufstand aber, so scheint es, fehlt inzwischen die Kraft. »Die SPD ist noch immer nicht tot«, schreiben meine Kollegen. »Besonders viel Leben steckt aber auch nicht mehr in ihr. Die Partei wirkt wie ein politischer Zombie.«

  • Die ganze Geschichte hier: Überlebt die SPD diese Koalition? 

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  • Willkommen im Zeitalter der digitalen Willkür: Trump und das Silicon Valley eint die Überzeugung, dass Regeln nur für Trottel und Verlierer gelten. Europa muss sich wehren, um seine Kultur und Demokratie zu verteidigen. 

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Gewinner des Tages…

…ist die Frikadelle. Freddy Külpmann, 64, wurde zur kleinen Berühmtheit, weil er beim Biss in ein Frikadellenbrötchen weinte. Der WDR hatte ihn dabei gefilmt, es ging um das Aus für einen traditionsreichen Imbisswagen, den »Frikadellenkönig« auf einem Getränke-Hoffmann-Parkplatz in Witten. Der Clip ging viral.

Doch die ganze Geschichte hinter den Tränen des Busfahrers Freddy Külpmann konnte kein Meme transportieren. Für den Mann aus dem Ruhrgebiet war und ist die Bulette Stütze in einem schwierigen Leben, sie half ihm gewissermaßen, Burn-out und Depression in den Griff zu kriegen: »Zack, Brötchen auf, Frikadelle rein. Glücklich.«

  • Die ganze Geschichte lesen Sie hier: Der Busfahrer, der um die Frikadelle weinte  

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Brasilien kämpft mit Milliardenpaket gegen Trumps Zölle: Die USA haben Zölle von 50 Prozent gegen Brasilien verhängt: Die Regierung in Brasília spricht von »echter Erpressung« – und steuert mit einem Hilfspaket für gebeutelte Unternehmen gegen.

  • Lufthansa holt historische Flugzeuge nach Frankfurt: Am Frankfurter Flughafen errichtet die Lufthansa ein neues Besucher- und Konferenzzentrum. Dort sollen bald zwei legendäre Flugzeuge ausgestellt werden.

  • Ter Stegen gilt offiziell als Langzeitausfall: Das medizinische Komitee der spanischen Liga hat die Rücken-OP von Barcelonas Torwart Marc-André ter-Stegen als Langzeitausfall eingestuft. Für den hoch verschuldeten Verein ist das ein wichtiger Schritt.

Heute bei SPIEGEL Extra: So schützen Sie Babys und Kleinkinder vor Sonne und Hitze

Ja, Kinder sollen möglichst viel an der frischen Luft sein. Doch schon Temperaturen ab 25 Grad können den Kleinsten schwer zu schaffen machen. Worauf Eltern achten sollten .

Kommen Sie gut in den Tag.

Herzlich,
Ihr Philipp Wittrock, Autor im Hauptstadtbüro

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Wladimir Putin: Setzt auf Trumps Hilfe

Foto: Vyacheslav Prokofyev / AP

Plastikmüll an der Küste von Panama-Stadt: Recycling allein reicht nicht gegen die Plage

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Bas und Klingbeil: Es fehlt der Plan

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Gut ausgestattet: Babys und Kleinkinder sollten mit UV-Kleidung geschützt werden

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