Diese fünf Forderungen geben die Europäer Trump mit auf den Weg

Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei den Beratungen mit US-Präsident Donald Trump vor dem bevorstehenden Alaska-Gipfel auf die grundlegenden europäischen und ukrainischen Sicherheitsinteressen verwiesen. Diese Interessen müssten gewahrt bleiben, das sei die Botschaft an Trump gewesen, sagte Merz in Berlin nach den Beratungen europäischer Staats- und Regierungschefs mit Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Bei dem Treffen in Alaska könnten wichtige Entscheidungen getroffen werden, sagte Merz. Die Europäer würden alles tun, um die Weichen für das Treffen in die richtige Richtung zu stellen: »Wir wollen, dass Präsident Donald Trump am Freitag in Anchorage Erfolg hat.« Trump will sich in der Stadt im US-Bundesstaat Alaska mit Russlands Machthaber Wladimir Putin treffen und dabei über einen möglichen Frieden in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sprechen.

Merz bekräftigte fünf Grundvoraussetzungen für eine Friedenslösung:

  1. Bei Verhandlungen über die Ukraine müssten die Ukrainer am Tisch sitzen.

  2. Verhandlungen müssten in der richtigen Reihenfolge erfolgen. Ein Waffenstillstand sollte laut Merz am Anfang stehen.

  3. Sollte die Ukraine zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit sein, müsse die sogenannte Kontaktlinie, die die Ostukraine durchläuft, Ausgangspunkt sein.

  4. Verhandlungen müssten robuste Sicherheitsgarantien für Kyjiw umfassen.

  5. Verhandlungen müssten Teil einer gemeinsamen transatlantischen Strategie sein.

Selenskyj warnt Trump

Der ukrainische Präsident Selenskyj warnte vor einem Bluff Putins. »Ich habe dem US-Präsidenten und all unseren europäischen Kollegen gesagt, dass Putin blufft«, sagte Selenskyj, der für die Beratungen extra nach Berlin gereist war. Putin versuche vor dem Treffen in Alaska, »entlang der gesamten ukrainischen Front Druck auszuüben. Russland versucht zu zeigen, dass es die gesamte Ukraine besetzen kann.« Selenskyj betonte, dass keine Gespräche über die Ukraine ohne Kyjiw stattfinden sollten.

Merz sagte, Trump wolle im Gespräch mit Putin auf einen Waffenstillstand in der Ukraine drängen. Trump wolle dies zu einer seiner Prioritäten machen. Bisher seien in den vergangenen dreieinhalb Jahren alle Gespräche mit Putin von einer »noch härteren militärischen Antwort« Russlands begleitet worden. Dies müsse diesmal anders sein, damit die Gespräche glaubwürdig und erfolgreich seien.

Merz: Waffenstillstand muss am Anfang stehen

Merz gab sich zuversichtlich. »Es gibt Hoffnung auf Bewegung, es gibt Hoffnung auf einen Frieden in der Ukraine«, sagte der Bundeskanzler. Er verlangt eine klare Reihenfolge bei Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Ein Waffenstillstand müsse am Anfang stehen, sagte Merz. Die Ukraine müsse bei Folgetreffen mit am Tisch sitzen. Zudem müsse bei Verhandlungen über territoriale Fragen die derzeitige Kontaktlinie der Ausgangspunkt sein. Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen stehe nicht zur Debatte.

Sollte es bei dem Alaska-Gipfel jedoch keine Bewegung auf russischer Seite geben, müssten die USA und Europa den Druck erhöhen, sagte Merz. Trump kenne diese Position und teile sie »sehr weitgehend«.

Merz-SMS an seine Fraktion

Kurz vor dem öffentlichen Statement hatte Merz bereits die Unionsfraktion über die Ergebnisse der Gespräche informiert. Um 16.04 Uhr sendete er eine lange SMS mit dem Inhalt seiner späteren Rede an die Fraktion. Der Text der SMS liegt dem SPIEGEL vor.

In seinem Bericht an die Fraktion stellt Merz das Gespräch mit Trump etwas anders dar als beim Auftritt vor der Presse. So schreibt Merz an die Fraktionen, der US-Präsident kenne nun die Positionen der EU, die letztlich Bedingungen für einen Friedensprozess sind. Trump habe in der Videoschalte mit den EU-Staats- und Regierungschefs dazu signalisiert, so Merz, »dass er vieles teilt, dass er sich aber Spielräume erhalten will«. Die Erwähnung des Worts »Spielräume« macht deutlich, dass Trump wohl nicht bereit ist, sich strikt an den Fahrplan der Europäer zu halten.

Ziel der Beratungen war es, eine gemeinsame Linie mit Trump für dessen Treffen mit Putin am Freitag zu finden. Die Europäer und Selenskyj befürchten, dass sich Trump und Putin auf Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland verständigen könnten – die Kyjiw strikt ablehnt. Im Anschluss an die Schalte mit Trump wollte Merz die Ergebnisse in der sogenannten Koalition der Willigen unter Federführung von Deutschland, Frankreich und Großbritannien nachbesprechen.

Der ukrainische Präsident wird nicht dabei sein, wenn Trump und Putin über sein Land verhandeln. Wie sich Selenskyj gegen einen Trump-Putin-Pakt stemmt, lesen Sie hier .

Kanzler Merz beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Selenskyj

Foto: John Macdougall / AFP / picture alliance

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