Warum wir uns auf immer längere Nachspielzeiten einstellen müssen

Am Abend eröffnet Meister FC Liverpool gegen Bournemouth die Spielzeit in der Premier League, auch in Spanien startet der erste Spieltag. In Deutschland greifen mit Bayer Leverkusen, Werder Bremen und Union Berlin die ersten drei Bundesligisten ab 18 Uhr in den DFB-Pokal ein. Eine Woche später geht es in der Liga mit der Eröffnungspartie zwischen Bayern München und RB Leipzig los, auch die italienische Serie A beginnt am 23. August.

Zahlreiche Neuerungen erwarten Spieler, Fans und Offizielle in der kommenden Bundesligasaison. Was es mit der Acht-Sekunden-Regel und dem Handshake-Dialog auf sich hat, erfahren Sie hier.

Durchsagen im Stadion

Die Durchsage von Entscheidungen der Unparteiischen wird in der Saison 2025/2026 auf alle Stadien der Bundesliga und Zweiten Bundesliga ausgeweitet. In der Bundesliga werden die Schiedsrichter ihre Entscheidungen bereits ab dem 1. Spieltag (22. bis 24. August) erläutern, in der Zweiten Bundesliga ab dem 9. Spieltag (17. bis 19. Oktober).

Der Schiedsrichter wird dabei immer dann zum Publikum sprechen, wenn er zur Überprüfung einer Entscheidung am Monitor in der Review Area am Spielfeldrand war – oder wenn er eine Entscheidung auf Hinweis des Videoassistenten (VAR) ändert.

Die Durchsage erfolgt über das Mikrofon des Schiedsrichter-Headsets und wird über die Stadionlautsprecher zu hören sein. Dabei wird der Unparteiische informieren, welche Spielszene überprüft wurde, zu welchem Ergebnis die Überprüfung geführt hat und wie die endgültige Entscheidung lautet.

Halbautomatische Abseitstechnologie

Die halbautomatische Abseitstechnologie (Semi-Automated Offside Technology, SAOT) wird künftig bei der beschleunigten Überprüfung potenzieller Abseitsstellungen im Zuge von Torerzielungen eingesetzt.

Wie diese funktioniert, erklärt der DFB: »Die Abseitserkennung basiert auf Daten, die hochauflösende Spezialkameras in den Stadien erfassen. Sie sind in der Lage, die Bewegungen der Spieler und des Balls in Echtzeit zu verfolgen. Eine künstliche Intelligenz analysiert diese Daten, um die exakten Positionen der Spieler und des Balls zu berechnen. Auf Basis dieser Daten werden Abspielmomente und potenziell strafbare Abseitsstellungen automatisch erkannt. Darauf basierend wird eine virtuelle Abseitslinie erstellt, die anschließend der Videoassistent überprüft. Der VAR gibt anschließend die Entscheidung an den Schiedsrichter auf dem Feld weiter.«

Nachspielzeiten

Bereits an den ersten beiden Spieltagen der 2. Fußball-Bundesliga konnte man beobachten: Die Nachspielzeiten werden immer länger.

Grund dafür: Die Mindest-Nachspielzeit aufgrund von Unterbrechungen wird nun genau berechnet.

»Wir haben gerade knapp 60 Minuten Nettospielzeit, das wird sich wahrscheinlich ein Stück weit erhöhen«, sagte Knut Kircher, Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB Schiri GmbH, laut dpa bei einer Medienveranstaltung in Frankfurt am Main.

Letzteres hätten auch die Klubs in verschiedenen Gesprächen verlangt. In der Vergangenheit wurde häufiger kritisiert, dass die Unparteiischen uneinheitlich nachspielen ließen.

Jetzt wird systematisch vorgegangen: Der zweite Videoassistent notiert die verlorene Zeit bei Auswechslungen, VAR-Eingriffen und längeren Checks, Behandlungen von Verletzungen, Torjubel sowie bei Unterbrechungen wegen des Zündens von Pyrotechnik oder eines Gewitters. Die Summe wird dem Schiedsrichter als empfohlene Nachspielzeit mitgeteilt, der Referee entscheidet dann, wie viele Minuten er drauflegt.

Der Trend zum späteren Abpfiff bei diesem Vorgehen zeigte sich an den beiden ersten Spieltagen der Zweiten Liga: Dabei wurden durchschnittlich 10,35 Minuten nachgespielt, in der vergangenen Runde waren es 8,52 Minuten, so die DFB Schiri GmbH.

Zeitspiel

Torhüter dürfen den Ball jetzt acht Sekunden lang mit der Hand oder dem Arm kontrollieren. Der Schiedsrichter zeigt die letzten fünf Sekunden als Countdown mit der Hand an. Hält der Torwart den Ball dann immer noch fest, ohne am Abschlag gehindert zu werden, gibt es eine Ecke für das gegnerische Team.

So soll Zeitspiel verhindert und die Hemmschwelle der Schiedsrichter gesenkt werden, dieses auch zu ahnden. In der Praxis wird sich das allerdings noch einspielen müssen. So gab es bislang einerseits konsequentes Durchgreifen zu beobachten (zum Beispiel bei Aues Drittligatorhüter Martin Männel), andererseits blieb eine fast 20-sekündige Ballkontrolle von Deutschlands Torhüterin Ann-Katrin Berger im EM-Halbfinale gegen Spanien ungeahndet.

Handshake-Dialog

Vor jedem Anpfiff wird es ein kurzes Treffen zwischen dem Schiedsrichtergespann und den Trainern sowie Kapitänen beider Mannschaften geben. »Im Sinne des Fair Play dient diese Zusammenkunft dem gegenseitigen Austausch und dem respektvollen Umgang aller am Spiel Beteiligten«, erklärt der DFB. Das Treffen findet 70 Minuten vor Anpfiff in der Kabine des Schiedsrichters statt.

Doppelberührung bei Strafstößen

Wenn der Schütze den Ball beim Schuss versehentlich zweimal berührt – zum Beispiel, indem er sich selbst an das Standbein schießt – und auf diese Weise ein Tor erzielt, wird der Elfmeter ab jetzt wiederholt. Landet der Ball nach dem doppelten Kontakt nicht im Tor, wird wie bisher auf indirekten Freistoß entschieden.

Diese Änderung folgt auf die große Aufregung, die es nach dem Champions-League-Achtelfinale in der Vorsaison gegeben hatte. Damals war Atlético gegen den Stadtrivalen Real im Elfmeterschießen ausgeschieden, nachdem Atlético-Profi Julián Álvarez den Ball unabsichtlich bei der Ausführung doppelt berührt hatte – der Treffer wurde damals aberkannt.

Ball in und aus dem Spiel

Wenn Teamoffizielle, etwa Trainer oder Spieler, die gerade nicht auf dem Platz stehen dürften, ohne unfaire Absicht den Ball berühren, bevor er aus dem Spiel ist, gibt es ab sofort nur noch einen indirekten Freistoß und keine persönliche Strafe mehr.

Beispiel: Ein Spieler, der sich neben dem Tor aufwärmt, hält den auf ihn zurollenden Ball noch knapp im Feld auf, um seinem Torhüter einen schnellen Abstoß zu ermöglichen. Bislang hätte es dafür einen Strafstoß und eine Gelbe Karte gegeben, künftig nur noch den indirekten Freistoß.

Kapitänsregel

Nach einer erfolgreichen Pilotphase während der Europameisterschaft im vergangenen Jahr findet der Kapitänsdialog nun auch offiziell den Weg ins Regelwerk. In Deutschland ändert sich dadurch allerdings praktisch nichts, weil der Kapitänsdialog bereits zur abgelaufenen Saison eingeführt worden ist.

Konkret bedeutet das: Nur der Mannschaftskapitän darf sich an den Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin wenden, um eine wichtige Entscheidung erklärt zu bekommen. Die Kapitäne sind zudem dafür verantwortlich, dass ihre Mitspieler die Unparteiischen respektieren, Abstand halten und sie nicht bedrängen. Ein Spieler, der die Rolle seines Kapitäns ignoriert, beim Referee reklamiert oder sich respektlos verhält, wird verwarnt.

Künftig folgt die Durchsage dem Blick auf den Monitor

Foto:

Marius Becker / dpa

Bei Abseitsentscheidungen erhalten die Schiedsrichterteams technische Unterstützung

Foto: IMAGO sportfotodienst

Knut Kircher, Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB Schiri GmbH

Foto:

Arne Dedert / dpa

Aues Martin Männel (M.) wurde gegen Hansa Rostock aufgrund der neuen Acht-Sekunden-Regel bestraft

Foto: Oliver Mueller / Jan Huebner / IMAGO

Julián Álvarez und sein folgenschwerer Elfmeterfehlschuss

Foto: Juan Medina / REUTERS

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