Hall of Fame schließt vorerst keine Mitglieder mit NS-Vergangenheit aus

Die Hall of Fame des deutschen Sports wird vorerst keines ihrer historisch belasteten Mitglieder ausschließen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung durch eine eigens dafür eingerichtete Expertengruppe aus renommierten Historikerinnen und Historikern. Diese hatten 15 Sportlerinnen und Sportler der Ruhmeshalle im Auftrag der Träger der Hall of Fame (Sporthilfe, Deutscher Olympischer Sportbund und Verband Deutscher Sportjournalisten) auf ihre NS-Vergangenheit geprüft.

Wie am Montag bei einer Diskussionsrunde in Berlin verkündet wurde, standen vor allem drei Mitglieder zur Debatte: Karl Adam (Rudertrainer), Gustav Schäfer (Ruderer) und Gustav Kilian (Radsportler). Alle drei waren Mitglieder der Hitler-Partei NSDAP, Adam und Schäfer auch in deren paramilitärischer Kampforganisation SA.

Laut Historiker Erik Eggers, der als freier Journalist auch für den SPIEGEL arbeitet, trat Ruderer Schäfer »als einziger Hall of Famer als glühender Hitler-Verehrer öffentlich in Erscheinung«. Hier erfahren Sie mehr zu der Vergangenheit der drei Sportler.

Kein Ausschluss, aber Änderungen

Nach der Empfehlung der Wissenschaftler werde nun jedoch »kein Ausschlussverfahren« angestrebt, sagte der ehemalige Fechter Max Hartung in seiner Rolle als Sporthilfe-Vorstandsmitglied in Berlin. Allerdings werden die in der Hall of Fame gezeigten Biografien mit neuen Erkenntnissen ergänzt. Hartung kündigte zudem an, dass im Prozess der weiteren historischen Aufarbeitung auch eine Umbenennung der Hall of Fame diskutiert werden könnte, um dem Leitbild der Erinnerungskultur für den deutschen Sport gerecht zu werden.

Man müsse den »Forschungsstand updaten« und die Biografien »entsprechend kommentieren«, sagte Jutta Braun, Historikerin und Abteilungsleiterin am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam als Kommissionsmitglied. Dies entspreche dem Vorbild der Aufarbeitung von Biografien aus der NS-Zeit im Bundeskanzleramt. Ein Ausschluss führe zu einem Verschweigen der politischen Verwicklungen des Sports.

Die Hall of Fame wurde 2008 als virtuelle Gedenkstätte gegründet. Sie ist mittlerweile auf mehr als 100 bedeutende deutsche Sportlerinnen und Sportler ange­wachsen. Im Frühjahr 2024 war durch Recherchen des Filmhistorikers Armin Jäger bekannt geworden, dass vier Mitglieder, von denen das bislang nicht bekannt gewesen war, in die NSDAP eingetreten waren.

Daraufhin wurden Forderungen laut, sämtliche Athleten aus der Ruhmeshalle auszuschließen, die sich der Partei Adolf Hitlers angeschlossen hatten. Wissenschaftler waren sich jedoch uneins, wie mit den Fällen umzugehen sei. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die Sporthilfe hatte die umfassende Aufarbeitung im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem DOSB und dem Verband Deutscher Sportjournalisten in Auftrag gegeben.

»Es bleibt aufgrund der Geschichte unseres Landes eine besondere Herausforderung. Wir verstehen die Hall of Fame als ein Forum, um die Geschichte des deutschen Sports und seiner Persönlichkeiten im Gedächtnis zu bewahren und Diskussionen darüber anzuregen«, sagte Karin Orgeldinger, Mitglied des Vorstands der Sporthilfe, im Dezember 2024.

Im Fokus der Untersuchung standen dabei jene Mitgliederporträts, deren Biografien bis in die NS-Zeit hineinreichen. Ziel war es, die Grundwerte der 2006 ins Leben gerufenen Ruhmeshalle zu bewahren. Eine fünfköpfige Expertengruppe nahm die Neubewertung vor.

Rudertrainer Karl Adam

Foto: Hartmut Reeh / dpa / picture alliance

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