Gipfeltreffen: In der Geschichte der NFL mit ihrem fluktuierenden Spielkalender war es erst das elfte Mal überhaupt, dass die beiden Super-Bowl-Teilnehmer gleich in der folgenden Saison aufeinandertrafen. Im Februar hatten die Philadelphia Eagles die Kansas City Chiefs nicht nur bezwungen, sondern 40:22 vom Thron gerissen. Den Chiefs um Patrick Mahomes und Travis Kelce blieb der dritte Super Bowl in Folge verwehrt, die schwerste Niederlage für das erfolgreichste Team der Gegenwart. Jetzt kam es schon am zweiten Spieltag zum vielleicht interessantesten (Re-)Match der Saison.
Auf eigene Faust: Vor einer Woche hatte sich Xavier Worthy verletzt, Kansas Citys wichtigster Receiver, solange die eigentliche Nummer eins, Rashee Rice, eine Sperre von sechs Spielen absitzt. Neue Saison, altes Thema für Mahomes, dem nunmehr seit Jahren verlässliche Zielspieler fehlen. Die Not zwang ihn zur Improvisation: Noch früh im vierten Viertel hatte der Quarterback die meisten Laufyards auf dem Konto, weil er ohne Anspieloptionen so oft mit dem Ball in der Hand Reißaus nehmen musste.
Verdaddelt: Wenn Mahomes warf, dann am häufigsten zu seinem Kumpel Kelce, der für sein Alter tatsächlich anständig spielte. Im vergangenen Jahr machte der 35-Jährige aber eher Schlagzeilen durch Podcastauftritte, Outfits und seine Verlobung mit Taylor Swift und weniger durch sportliche Brillanz. Als es dann darauf ankam, war es ausgerechnet Kelce, dem kurz vor der Endzone ein Pass von Mahomes entglitt. Statt eines eigenen Touchdowns fing Philadelphias Andrew Mukuba den Ball. Es hätte 17:13 für Kansas City stehen können, stattdessen war es Minuten später ein 10:20. Nicht mal auf Kelce ist mehr Verlass.
Am Tiefpunkt: Bereits die vergangene Saison war gespickt von knappen, hässlichen Siegen. Mit Ach und Krach kam Kansas City bis in den Super Bowl, aber dass die Offensive einen Umbau benötigt, zeigen mittlerweile auch die Ergebnisse. Nach zwei Spielen ist das Team sieglos, den Super Bowl des Vorjahres hinzugerechnet sind es drei Pleiten hintereinander. Als Profi hatte Mahomes zuvor noch nie drei Spiele in Folge verloren.
Alle Ergebnisse: Green Bay Packers – Washington Commanders 27:18 (Freitag)
Baltimore Ravens – Cleveland Browns 41:17
Cincinnati Bengals – Jacksonville Jaguars 31:27
Dallas Cowboys – New York Giants 40:37 n.V.
Detroit Lions – Chicago Bears 52:21
Miami Dolphins – New England Patriots 27:33
New Orleans Saints – San Francisco 49ers 21:26
Tennessee Titans – Los Angeles Rams 19:33
New York Jets – Buffalo Bills 10:30
Pittsburgh Steelers – Seattle Seahawks 17:31
Arizona Cardinals – Carolina Panthers 27:22
Indianapolis Colts – Denver Broncos 29:28
Kansas City Chiefs – Philadelphia Eagles 17:20
Minnesota Vikings – Atlanta Falcons 6:22
»Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser?« Dieses Spiel kennen wohl alle aus der Grundschule: Eine einzelne Person (zumindest anfangs) muss von einem Ende der Turnhalle zum anderen rennen (zumindest anfangs) und dabei möglichst viele Leute fangen. In der NFL läuft es oft andersherum: Ein Ballträger versucht mithilfe seiner rangelnden Kollegen an elf Gegnern vorbeizukommen, die ihn allesamt wegflexen wollen. Das gelingt nur selten, in Miami schlug der Blitz aber gleich doppelt ein: Erst returnierte Dolphins-Spieler Malik Washington einen Punkt über 74 Yards in die Endzone, was Antonio Gibson direkt danach mit einem Kick-off-Return über 90 Yards zur Führung erwiderte. Der Schlüssellauf zum Sieg der New England Patriots.
Drama in Dallas: Für Russell Wilson war es ein bittersüßer Tag. Der 36 Jahre alte Quarterback der New York Giants hat ein paar harte Jahre des Hohns hinter sich. Nach der Auftaktpleite der Giants tönte schon wieder der Abgesang, wann Wilson denn für den Rookie-Spielmacher Jaxson Dart Platz machen müsse. Doch gegen die Cowboys überraschte der Veteran mit sensationellen 450 Wurfyards und drei Touchdowns, einer davon erst 27 Sekunden vor Schluss zur Giants-Führung. Aber trotzdem verlor New York knapp in der Verlängerung, in der Wilson dann auch noch übermütig zum Gegner warf.
Einem geschenkten Gaul …: Anfang des letzten Viertels, die Seattle Seahawks führten mit nur drei Punkten bei den Pittsburgh Steelers, wurde ein peinlicher Patzer zum entscheidenden Geschenk. Beim Kick-off prallte der Ball nahe der 10-Yard-Linie auf und sprang an Steelers-Rookie Kaleb Johnson vorbei, der ihn nahe der 5-Yard-Linie aufnehmen wollte. Statt den Ball zu sichern, ließ Johnson ihn in die Endzone rollen und joggte dann zur Seitenlinie – dabei war der Ball gemäß des aktuellen Regelwerks noch im Spiel. Seattles George Holani kannte die Regeln und sprintete zum Ball, um den Touchdown zu sichern. Plötzlich führte Seattle komfortabel 24:14.
Es geht auch ohne ihn: Die Detroit Lions hatten einen fürchterlichen Saisonauftakt hinter sich. Nach nur 13 Punkten gegen Green Bay war der Abgang des ideenreichen Offensivkoordinators Ben Johnson das große Thema der Woche. Jetzt war ebendieser als Headcoach des Lokalrivalen Chicago Bears zurück bei den Lions, die dem alten Bekannten eine saftige Packung mitgaben. 52 Punkte gab es für Detroit, beide Runningbacks schafften es in die Endzone, vor allem glänzte aber der Deutsch-Amerikaner Amon-Ra St. Brown mit insgesamt 122 Yards und drei Touchdown-Fängen. Den Sahnetag wollte Quarterback Jared Goff ebenso cool feiern wie St. Brown, der dabei aber mit anpacken musste.
Mehrzweckmann: Wenn Christian McCaffrey fit ist, gibt es keinen vielseitigeren Runningback – er könnte genauso gut als Passempfänger glänzen. Wer 1000 Yards mit Läufen oder gefangenen Pässen erzielt, kann in der NFL schon als Star gelten; McCaffrey kam 2019 auf jeweils 1000 Yards am Boden und in der Luft. Nach einer verletzungsgeplagten Vorsaison ist der 29-Jährige nun wieder voll da. Beim 26:21-Sieg seiner San Francisco 49ers gegen die New Orleans Saints schrieb McCaffrey mit einem Touchdown-Fang Geschichte: Als erst dritter Spieler der NFL-Geschichte steht er jetzt bei mindestens 50 Rushing- und 30 Receiving-Touchdowns.
Philadelphias Andrew Mukuba (r.) am Ball
Foto: Charlie Riedel / APRussell Wilson ist seit dieser Saison bei den New York Giants
Foto: Jerome Miron / AP