US-Präsident Donald Trump droht mit 30-prozentigen Zöllen auf Importe aus der EU. Doch wie folgenreich wäre das für Deutschland, wenn die US-Regierung ihre Drohung wahr macht? In der Expertenwelt gibt es dazu sehr unterschiedliche Meinungen. Die Bundesbank warnt vor erheblichen Belastungen für die deutsche Wirtschaft. Nach Einschätzung des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) dagegen würden weitere US-Zölle Deutschlands Konjunkturerholung zwar belasten, aber nicht abwürgen.
Die Argumentation der Bundesbank geht so: Sollte der angekündigte Satz von 30 Prozent auf Importe aus der EU ab 1. August in Kraft treten, wäre dies ein »beachtliches konjunkturelles Abwärtsrisiko«, schreibt das Institut in seinem aktuellen Monatsbericht. Den deutschen Exporteuren drohe dann kurzfristig »zusätzlicher Gegenwind«.
Um die Konjunktur stehe es ohnehin schlecht: Im Frühjahr habe das Wirtschaftswachstum an Fahrt verloren, im zweiten Quartal dürfte das BIP stagnieren. Noch in den ersten drei Monaten war die deutsche Wirtschaft überraschend um 0,4 Prozent gewachsen, weil Unternehmen in Erwartung von US-Zöllen Lieferungen vorzogen und die Industrieproduktion ansprang. Nun liefen die Vorzieheffekte aus, so die Bundesbank.
Schon Juni hatte die Bundesbank für die deutsche Wirtschaft 2025 eine Stagnation vorhergesagt, dabei aber noch einen US-Zollsatz von 10 Prozent zugrunde gelegt. Damit droht der deutschen Wirtschaft 2025 das dritte Jahr ohne Wachstum in Folge – das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik.
Anders als die Bundesbank beurteilt das IMK die potenziellen Folgen der US-Zölle vergleichsweise gelinde. Ein Satz von 30 Prozent auf EU-Importe würde Deutschlands Konjunkturerholung zwar belasten, aber nicht abwürgen, heißt es in einer neuen Studie. Noch im Juni hatten die IMK-Experten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung prognostiziert, dass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr wohl um 0,2 Prozent und 2026 um 1,5 Prozent wachsen werde. Sollten die neuen US-Zölle zum 1. August greifen, wäre 2025 eine Stagnation und 2026 ein Plus von 1,2 Prozent zu erwarten, schätzen die Fachleute um Ökonom Sebastian Dullien.
Etwa zehn Prozent der deutschen Exporte gehen in die USA. Derweil reist EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič zu Verhandlungen nach Washington. Šefčovič werde am Nachmittag in die USA fliegen und dort US-Handelsminister Howard Lutnick und den Handelsbeauftragten Jamieson Greer treffen, teilte ein Kommissionssprecher in Brüssel mit. Am Dienstag war bereits eine Gruppe EU-Beamter zu Gesprächen nach Washington gereist.
Aus Sicht der EU-Kommission ist eine Einigung im Zollstreit trotz Trumps jüngster Drohungen »in greifbarer Nähe«. Der US-Präsident hatte am Samstag Zölle in Höhe von 30 Prozent für Waren aus der EU angekündigt, die ab dem 1. August fällig werden sollen. Mindestens bis zu diesem Datum will die EU weiter verhandeln und auf Gegenzölle verzichten.