Agrarminister Rainer ist gegen die »Veggiewurst«, seine Fachleute sind skeptisch

In den Verhandlungen über ein Verbot von Begriffen wie »Burger«, »Wurst« oder »Schnitzel« für Veggieprodukte zeigt sich ein Dissens zwischen Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) und der Fachebene seines Ministeriums. Ein internes EU-Protokoll, das dem SPIEGEL vorliegt, zeigt, dass Mitarbeiter aus zuständigen Fachreferaten sich früh gegen ein solches Vorhaben positioniert haben.

Deutschland stehe der Einführung eines Fleischbezeichnungsschutzes kritisch gegenüber, heißt es in dem Protokoll zu einer Sitzung der Ratsarbeitsgruppe Landwirtschaftliche Erzeugnisse vom 2. September in Brüssel. In dem Gremium werden Entscheidungen auf europäischer Ebene vorbereitet. Als Begründung steht in dem Schreiben: Einige Bezeichnungen, die im Vorschlag als schützenswert angesehen würden, seien für pflanzliche Alternativprodukte auf dem deutschen Markt bereits heute gebräuchlich und allgemein akzeptiert. Entsprechende Leitsätze dafür gebe es.

Minister Rainer hingegen zeigte sich offen für eine Umbenennungspflicht von Fleischalternativen: »Für mich persönlich ist ein Schnitzel aus Pute, Kalb oder Schwein.«

Am Mittwoch vergangener Woche stimmte das EU-Parlament dann mehrheitlich dafür, Bezeichnungen wie »Burger«, »Wurst« oder »Schnitzel« für Veggieprodukte zu verbieten. Es muss sich nun in Verhandlungen mit dem Rat der 27 EU-Staaten und der Kommission endgültig zu dem geplanten Bezeichnungsverbot einigen. Ob in diesem sogenannten Trilog eine Mehrheit dafür zustande kommt, ist unklar. »Wie sich Deutschland im Trilogverfahren verhält, wird innerhalb der Bundesregierung abgestimmt«, teilt ein Sprecher des Bundesagrarministeriums mit. Grundsätzlich begrüße man »die klare Unterscheidung und Erkennbarkeit traditionell tierischer Lebensmittel und pflanzlicher Fleischersatzprodukte«.

Die deutschen Abgeordneten von CDU und CSU hatten im EU-Parlament mehrheitlich gegen ein Verbot gestimmt. Auch Verbraucherschützer hatten sich dagegen ausgesprochen. Eine breite Allianz aus Veggieherstellern, Discountern und der Fast-Food-Kette Burger King hatte zudem vor den wirtschaftlichen Folgen  gewarnt – etwa wenn Verpackungen, Produktbeschreibungen oder Werbung geändert werden müssten.

Agrarminister Rainer, ansonsten ein Verfechter von Bürokratieabbau, sieht beim Thema Fleischersatz offenbar kein Problem, neue Regeln aufzustellen. Ein Ministeriumssprecher merkt lediglich an: »Zu beachten ist bei einem erweiterten Bezeichnungsschutz, dass sich der bürokratische Aufwand für alle Beteiligten in Grenzen hält.«

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung zitierten wir einen Ministeriumssprecher mit der Aussage, bei einem erweiterten Bezeichnungsschutz halte sich der bürokratische Aufwand für alle Beteiligten in Grenzen. Gemeint war aber laut Ministerium, dass sich der bürokratische Aufwand im Fall eines erweiterten Bezeichnungsschutzes für alle Beteiligten in Grenzen halten müsse. Wir haben die Formulierung präzisiert.

Agrarminister Rainer

Foto: Juliane Sonntag / IMAGO

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