Bei einem Besuch in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln soll der israelische Bürgermeister Tzivka Brot von Ahmed Abed, Fraktionschef der Linken in der Versammlung, als »Völkermörder« bezeichnet worden sein. Darüber berichten »Tages« und »B.Z.« übereinstimmend. Brot ist Bürgermeister der israelischen Stadt Bat Jam, die eine Partnergemeinde von Berlin-Neukölln ist. Er gehört der Likud-Partei des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu an.
Dem »Tages«-Bericht zufolge wurde Abed vorübergehend des Saals verwiesen. Seine Parteikolleginnen und -kollegen verließen demnach die Sitzung ebenfalls. Auch Grünenfraktionschefin Samira Tanana soll während Brots Rede den Saal verlassen haben.
Auf eine SPIEGEL-Anfrage reagierte Abed nicht. Grünenpolitikerin Tanana bestätigte nicht, dass sie den Saal verlassen habe. Gegenüber dem SPIEGEL erklärte sie: »Als Palästina-stämmige Berlinerin, die Angehörige im Krieg in Gaza verloren hat, setze ich mich in Neukölln für jüdisches Leben und gegen jeden Antisemitismus ein. Gleichzeitig kämpfe ich dafür, dass Menschen ihre Trauer und Wut über das Leid in Gaza ausdrücken können, ohne antimuslimischem Rassismus zu begegnen.«
Laufende Völkermorddebatte
Während seiner Rede soll Brot die Städtepartnerschaft, den Kampf gegen Antisemitismus und die Sicherheit Israels thematisiert haben. Er soll zudem den Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) nach Bat Jam eingeladen haben. Als Brot selbst den Saal verließ, soll ihm der zurückgekehrte Abed zugerufen haben, dass er für einen Völkermord stehe. Demnach habe Brot erwidert: »Völkermörder – bestimmt meinen Sie die Hamas« – ein Hinweis auf den Terrorangriff vom 7. Oktober 2023.
Unter Völkerrechtsexperten und -expertinnen herrscht eine Debatte darüber, ob Israels Vorgehen im Gazastreifen einen Völkermord gemäß der Uno-Völkermordkonvention von 1948 darstelle. Diese betrifft sowohl die Bestrafung als auch die Prävention von Völkermord. Mehrere renommierte Fachleute gehen inzwischen davon aus, dass Israels Vorgehen in Gaza entsprechend einzuordnen sei.