Der Permafrost auf dem höchsten Berg Deutschlands könnte innerhalb der nächsten 50 Jahre vollständig verschwinden, warnen Forscher. Die »Gletscherkarawane«, ein Zusammenschluss aus Forschern, Aktivisten und der Alpenschutzkommission Cipra, erklärte, dies eröffne auch beunruhigende Szenarien hinsichtlich der Stabilität des Berges.
Als Permafrost werden Fels, Schutt oder Moränen bezeichnet, die mindestens in zwei aufeinanderfolgenden Jahren dauerhaft gefroren bleiben. Er kommt in Gegenden vor, in denen die Temperaturen über mehrere Jahre hinweg bei null oder unter null Grad Celsius liegen. So gibt es Permafrost vorwiegend in der Arktis, aber auch im Hochgebirge und in der Antarktis. In Deutschland gibt es Permafrost nur auf der Zugspitze.
Schmilzt Permafrost dauerhaft, verschwindet der »Kitt«, der den Berg zusammenhält, die Oberfläche wird destabilisiert. Das kann zu Felsstürzen, Steinschlägen und Hangrutschungen führen, die sowohl Wanderwege, Skigebiete als auch Bergstationen gefährden. Solche Gesteinsabbrüche und Gerölllawinen würden dann häufiger und gefährden auch Touristen und Anwohner, sagte Hermann Lotze-Campen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung kürzlich dem SPIEGEL. Bereits jetzt beobachten Forscher in Hochlagen der Alpen vermehrt Felsabbrüche, die auf das Auftauen des Permafrosts zurückzuführen sind.
Die letzten deutschen Gletscher verschwinden
Auch die letzten Gletscher in Deutschland gäben Anlass zu Sorge: Der Nördliche Schneeferner an der 2962 Meter hohen Zugspitze leide besonders unter der Klimakrise. Zwischen 1980 und 2023 habe sich seine Fläche mehr als halbiert. Von 2007 bis 2022 verringerte sich demnach seine Dicke im mittleren Teil von 52 Metern auf 20 Meter. »Bei diesem Tempo wird der Gletscher bis 2030 auf wenige Eisschollen schrumpfen und wahrscheinlich bis 2050 vollständig verschwinden«, heißt es in der Mitteilung des Forscherverbundes.
Nicht ganz so schlecht steht es demnach um den Höllentalferner, ebenfalls im Zugspitzgebiet. Er werde von Lawinen gespeist und sei durch hohe Felswände vor zu starker Sonneneinstrahlung geschützt.
Forscher der Hochschule München erklärten vergangene Woche, spätestens in etwa zehn Jahren werde es in Deutschland gar keine Gletscher mehr geben. In den Alpen ist die Erwärmung doppelt so hoch wie im globalen Schnitt. In Europa erwärmt sich das Klima wegen der großen Landmassen schneller, die Berge bieten zudem mehr Fläche, die sich aufheizen kann. Wenn Gletscher schmelzen, wirkt zurückbleibendes dunkles Geröll nochmals beschleunigend. Lesen Sie hier eine Übersicht über die Folgen der Klimakrise für Deutschlands Gebirge und Wälder.
Die Hälfte der Gletscher in den gesamten Alpen soll Prognosen zufolge bis zur Mitte des Jahrhunderts verschwunden sein, gegen Ende des Jahrhunderts werden die Ostalpen demnach nahezu eisfrei sein, sagt Geowissenschaftler Tobias Hipp vom Deutschen Alpenverein.
Das Verschwinden der Gletscher beeinträchtigt nicht nur den Wintertourismus, sondern kann auch zu mehr Hochwasser führen. »Je nach lokaler Lage ist es so, wenn die Gletscher jetzt mehr und mehr abschmelzen, dann führt das natürlich zu mehr Wasser, was unten rausfließt«, sagt Forscher Lotze-Campen. Wenn die Gletscher irgendwann weg sind, könne auch Niedrigwasser zum Problem werden, »weil dann im Sommer von oben nichts mehr nachfließt«.
Umweltschützer und Forscher am Schneeferner-Gletscher: Bald ist es vorbei
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