Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat bei seiner Antrittsreise in die Türkei erste Termine absolviert. Nach einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in dessen Palast in Ankara traten die beiden gegen 16 Uhr (Ortszeit) vor die Presse.
Merz würdigte die Verbindungen zwischen beiden Ländern dabei als »wertvoll« und »in einer einzigartigen Weise breit und tief«. Der Kanzler nannte dabei die Rolle der als sogenannte Gastarbeiter nach Deutschland gekommenen Menschen aus der Türkei. »Ohne diese Menschen und ohne diese Familien hätte Deutschland vor 60 Jahren den wirtschaftlichen Aufschwung nicht so beginnen können, wie wir ihn begonnen haben.«
Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei war in der seit mehr als 20 Jahren anhaltenden Ära Erdoğans viele Jahre von harten Auseinandersetzungen über Menschenrechtsverletzungen, inhaftierte Deutsche und türkische Militäreinsätze geprägt. Gleichzeitig kommt dem Land mit seinen rund 85 Millionen Einwohnern eine zentrale Bedeutung in der Migrationspolitik sowie bei der diplomatischen Vermittlung im Nahen Osten zu.
Bei der gemeinsamen Erklärung zeigte sich Merz optimistisch. »Lassen Sie uns das enorme Potenzial unserer Beziehungen in den nächsten Monaten und Jahren noch besser nutzen«, sagte Merz. Er betonte etwa, dass die deutsche Genehmigung zum Verkauf von 20 Eurofighter-Kampfjets an den Nato-Partner Türkei der »kollektiven Sicherheit der Allianz« diene. Auch Erdoğan sprach von viel Potenzial im Bereich der Verteidigungsindustrie.
Zum Auftakt seines Antrittsbesuchs ein halbes Jahr nach seiner Vereidigung legte Merz am Morgen einen Kranz im Mausoleum von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk in Ankara nieder. »Seine Ideen wirken bis heute in der tief gewachsenen Freundschaft zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkiye nach«, schrieb der Kanzler ins Gedenkbuch.
Merz wird auf die Türkeireise von seiner Ehefrau Charlotte begleitet. Die Idee dafür geht offenbar auf Erdoğans Frau Emine zurück. Die Einladung für einen gemeinsamen Besuch sprach sie nach Angaben von deutscher Seite schon im Juni bei einem Dinner des niederländischen Königspaars am Rande des Nato-Gipfels in Den Haag an den Kanzler aus.
Dass es der Bundesregierung eher um das Betonen von Gemeinsamkeiten statt von Differenzen geht, hatte Außenminister Johann Wadephul vor knapp zwei Wochen bei seinem Antrittsbesuch in Ankara angedeutet. Die Türkei sei ein »strategischer Partner in allen unseren außenpolitischen Belangen und ein guter Freund«, sagte er. »Wir wollen insgesamt eine Positivagenda.«
Kein Termin mit Oppositionspolitikern
Direkte Kritik etwa am Umgang mit Opposition und Zivilgesellschaft blieb zumindest auf offener Bühne aus. Auf Fragen nach der Inhaftierung des Oppositionspolitikers Ekrem İmamoğlu vor sieben Monaten – bis heute ohne Anklage – ging Wadephul nicht ein. Termine mit Oppositionspolitikern hat Merz in Ankara nicht vereinbart. Er wolle sich auf sein Treffen mit Erdoğan konzentrieren, hieß es vor der Reise.
Kurz vor dem Besuch des Kanzlers wurde nun ein neuer Haftbefehl gegen den abgesetzten Istanbuler Bürgermeister erlassen. Nichtregierungsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch hatten sich dazu klare Worte von Merz erhofft.
Die Außenpolitik von Merz und seinem Außenminister steht seit der verschobenen Chinareise von Wadephul im Fokus. Die kurzfristige Absage des Besuchs in Peking bedeutete einen diplomatischen Eklat.
SPD-Abgeordnete forderten von Merz vor der Reise ein klares Signal an Ankara. »Wenn man sich anschaut, was in der Türkei aktuell passiert, dann glaube ich, dass man hinter verschlossenen Türen den türkischen Präsidenten ganz deutlich darauf hinweisen muss, dass das nicht geht, was er macht«, sagte etwa der SPD-Politiker und Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft, Macit Karaahmetoglu der Nachrichtenagentur AFP.
Merz müsse »die Werte der Demokratie und Menschenrechte klar zur Sprache bringen und die rechtswidrigen Praktiken in der Türkei kritisieren«.
Merz und Erdoğan: Handschlag vor dem Präsidentenpalast in Ankara
Foto: Necati Savas / EPA