Grüne werfen Merz vor, auf der Seite internationaler Konzerne zu stehen

Die Forderung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach einer Aussetzung der globalen Mindeststeuer für große Konzerne trifft in der Opposition auf scharfe Kritik. »Mit seiner Absage an die G7-Einigung kämpft Friedrich Merz an der Seite der internationalen Konzerne, die sich einer fairen Besteuerung entziehen – und stellt sich damit gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gegen kleinere Betriebe und Mittelstand«, sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch dem SPIEGEL.

Die Mindestbesteuerung ist Teil einer globalen Reform der Unternehmensteuern, der sich etwa 140 Staaten angeschlossen haben. Demnach sollen international agierende Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. US-Präsident Donald Trump lehnt die Pläne ab und hatte mit einer »Rachesteuer« gedroht. Im Juni kündigten die G7-Staaten einen Kompromiss an, laut dem US-Unternehmen von der Mindeststeuer ausgenommen werden und stattdessen einem parallelen System der USA unterliegen.

Nach einem Treffen mit dem bayerischen Kabinett auf der Zugspitze hatte Merz am Dienstag gesagt, er teile die Einschätzung von Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). Demnach sollte die Mindestbesteuerung in Europa nicht aufrechterhalten werden, »weil die Amerikaner ausgestiegen sind und dieses Konzept ohnehin keine Zukunft hat«.

Diese De-facto-Absage an das gesamte Vorhaben sei »Politik gegen diejenigen, die Deutschland erfolgreich machen«, kritisierte Audretsch. Kleinere Unternehmer könnten ihre Gewinne nicht verlagern und zahlen den vollen Steuersatz in Deutschland. »Große Konzerne verlagern ihre Gewinne und zahlen ohne die globale Mindestbesteuerung kaum noch Steuern.«

Offener Widerspruch zum Vizekanzler

Merz’ Argumentation ist auch deshalb beachtlich, weil die G7-Staaten nicht die entscheidende Instanz für die Mindeststeuer sind. Diese wurde unter Führung der größeren G20-Gruppe sowie der Industrieländerorganisation OECD konzipiert. Im Gegensatz zu Merz hatte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) den Kompromiss begrüßt. Dieser mache es möglich, dass »OECD- und US-Mindeststeuern nebeneinander bestehen« könnten.

Am Mittwoch beteuerte Klingbeil erneut, er wolle »auch ohne direkte Beteiligung der USA an der internationalen Mindeststeuer für große Konzerne festhalten«. Trotz des Widerspruchs zu Merz’ Aussagen sagte Klingbeil, er sei sich mit dem Kanzler einig, »dass wir alles auch dafür tun, dass dieses Vorhaben weiterverfolgt wird«.

Verwandte Artikel

Next Post