Bei der Wiedereröffnung der Synagoge Reichenbachstraße war Kanzler Friedrich Merz, CDU, sichtlich berührt: Er schien mit den Tränen zu kämpfen, seine Stimme wurde brüchig, als er in seiner Rede an die unmenschlichen Verbrechen der Nationalsozialisten an Juden erinnerte.
Er sei entsetzt darüber, dass Antisemitismus in Deutschland wieder aufgeflammt sei. »Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr mich das beschämt: als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, aber auch als Deutscher, als Kind der Nachkriegsgeneration, als Kind, das aufgewachsen ist mit dem ›Nie wieder‹ als Auftrag, als Pflicht, als Versprechen«, sagte Merz.
Synagoge hatte die Novemberpogrome überstanden
Die Synagoge wurde 1931 von Gustav Meyerstein als »Reichenbachschul« errichtet, ein radikal minimalistischer und moderner Bau im Bauhaus-Stil. Während der Novemberpogrome 1938 wurde der Bau verwüstet, aber nicht zerstört. Das hing vor allem mit der Lage im Hinterhof einer Häuserzeile zusammen, da ein Feuer auch angrenzende Gebäude gefährdet hätte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Räume provisorisch instand gesetzt und auch als jüdisches Zentrum genutzt. 2006 wurde dann die Ohel-Jakob-Synagoge samt Gemeindezentrum am Jakobsplatz eröffnet. Seitdem stand das Haus nach Angaben des Vereins Synagoge Reichenbachstraße leer.
Nun wurde die Synagoge auf Betreiben von Rachel Salamander so originalgetreu wie möglich wieder hergestellt, im minimalistischen Stil, mit schlichten Holzbänken, farbigen Wänden und farbigen Bleiglasfenstern, auf denen rituelle Gegenstände und Psalmen zu sehen sind. Finanziert wurde das Vorhaben zu jeweils einem Drittel vom Bund, vom Freistaat und von der Stadt München.
Merz sagte auch: »Wir haben in Politik und Gesellschaft zu lange die Augen davor verschlossen, dass von den Menschen, die in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind, ein beachtlicher Teil in Herkunftsländern sozialisiert wurde, in denen Antisemitismus geradezu Staatsdoktrin ist, Israelhass schon Kindern vermittelt wird.«
Er wünsche sich, »dass jüdisches Leben in Deutschland eines Tages wieder ohne Polizeischutz auskommt. Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen, dass dies nun schon seit Jahrzehnten offenbar notwendig ist«, sagte Merz und betonte: »Ich sage von dieser Stelle aus deshalb jeder Form des alten und des neuen Antisemitismus in Deutschland namens der gesamten Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland den Kampf an.«