Deutsche sind weniger tolerant als noch 2019

Die Menschen in Deutschland sind laut einer Erhebung heute weniger tolerant als noch vor fünf Jahren. In einer repräsentativen Umfrage der Robert-Bosch-Stiftung sagten lediglich 34 Prozent, dass sie Vielfalt bei der Religion als Bereicherung erachteten. 56 Prozent sagten dies bei der ethnischen Herkunft. Bei einer früheren Erhebung im Jahr 2019 waren dies mit 44 sowie 73 Prozent noch deutlich mehr.

Insgesamt wurden beim sogenannten Vielfaltsbarometer sieben Kategorien erfasst: Lebensalter, Behinderung, Geschlecht, sexuelle Orientierung, wirtschaftliche Schwäche, ethnische Herkunft sowie Religion. Aus allen Themenfeldern berechnen die Autorinnen und Autoren der Studie einen Durchschnitt.

Auch dieser »Vielfaltsgesamtindex« fiel von 68 Punkten im Jahr 2019 auf aktuell 63 Punkte. Am stärksten war die Akzeptanz von Vielfalt in den Bereichen Behinderung (82 statt 83 Prozent im Jahr 2019) und Geschlecht (74 statt 69).

»Der Westen hat sich dem Osten stark angenähert«

35 Jahre nach der Deutschen Wiedervereinigung konnten die Autoren in der Gesamtbilanz keinen spezifischen Ost-West-Unterschied mehr feststellen. »Der Westen hat sich dem Osten stark angenähert«, sagte Studienleiterin Regina Arant. Hintergrund sei ein starker Toleranzrückgang in Stadtstaaten und westdeutschen Flächenländern.

Im Vergleich zwischen den Bundesländern macht die Befragung aber weiterhin Unterschiede deutlich. So zeigen die Menschen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit je 65 auf einer Skala bis 100 den höchsten Wert für die Akzeptanz von Vielfalt. Das Saarland und Hamburg folgten mit 64.

Weniger Akzeptanz von Vielfalt in ostdeutschen Bundesländern

Mit 63 genau im Bundesdurchschnitt lagen Niedersachsen, Bremen, Berlin, Bayern und Rheinland-Pfalz. Hessen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Baden-Württemberg erreichten den Wert von 62.

Thüringen und Sachsen mit 60 sowie Mecklenburg-Vorpommern mit 59 Punkten erzielten in der Befragung die niedrigsten Werte.

Als Grund für sinkende Toleranz sehen die Verantwortlichen der Erhebung globale Krisen wie die Coronapandemie, Kriege und wirtschaftliche Rezession. »Viele Menschen fühlen sich aktuell verunsichert oder überfordert. Verlustängste führen dazu, dass Abgrenzung als vermeintlicher Schutz empfunden wird«, sagte Ottilie Bälz von der Bosch-Stiftung.

Für die Umfrage wurden laut der Organisation im Mai rund 4800 deutschsprachige Personen ab 16 Jahren online befragt, darunter waren etwas mehr als 1000 Menschen mit Migrationsgeschichte.

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