Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat sich im Streit über den Gesetzentwurf für einen neuen Wehrdienst gerechtfertigt. Alles weniger als eine »leidenschaftliche, offene, auch hitzige Debatte« wäre für ihn eine Enttäuschung gewesen, sagte Pistorius. »Dieses Thema verdient eine ehrliche und offene Debatte, weil es das Leben vieler, vieler Menschen betrifft.«
In der ersten Beratung vor dem Bundestag warb Pistorius für seinen in der Koalition umstrittenen Gesetzentwurf, er zeigte sich aber auch kompromissbereit. »Ich finde das okay, ich bin offen dafür, das parlamentarische Verfahren ist genau dafür da, das zu diskutieren.« Pistorius betonte, dass es zu einem Pflichtdienst kommen müsse, wenn die freiwillige Anwerbung nicht ausreiche.
Die Bundeswehr benötigt bis 2035 nach Nato-Vorgaben rund 80.000 zusätzliche Soldaten, dazu kommen 200.000 Reservisten, um die Gesamtstärke von 460.000 Soldaten zu erreichen. Pistorius will dafür ab dem kommenden Jahr einen neuen freiwilligen Wehrdienst schaffen. Im ersten Jahr ist demnach die Teilnahme an der Musterung noch freiwillig, ab Juli 2027 würde sie für alle 18-Jährigen verpflichtend.
Der Gesetzentwurf sieht vor, zu einer Wehrpflicht umzuschwenken, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden. Die Union fordert jedoch feste Rekrutierungsziele und einen Automatismus, um zur Wehrpflicht zurückzukehren, sollten diese Ziele nicht erreicht werden.
Laut einem Kompromissvorschlag sollte ein Losverfahren bestimmen, wer zur verpflichtenden Musterung muss. Das Vorhaben zu Änderungen des Gesetzentwurfs war am Dienstag aber in letzter Minute gestoppt worden . Pistorius hatte in der SPD-Fraktion dazu »erhebliche Bedenken« geäußert. Dem Minister zufolge war ein Hauptgrund für seinen Widerstand die fehlende flächendeckende Musterung, die nach seinen Plänen ab Mitte 2027 kommen soll.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp (CDU), verteidigte den Vorschlag eines Losverfahrens im Deutschlandfunk. Es gebe Jahrgänge mit mehr als 200.000 wehrfähigen jungen Menschen, von denen aber nur ein Bruchteil für die Truppe gebraucht werde. »Und deswegen müssen wir ein Verfahren finden, wie wir gerecht unter denen auswählen, die zur Verfügung stehen«, sagte Röwekamp.